3652. Nach dem inneren Sinn verhält sich dieses so:
„Wenn ihr nun sehet den Greuel der Verödung“ bedeutet der Kirche Verwüstung, die dann vorhanden ist, wenn der Herr nicht mehr anerkannt wird, mithin wenn keine Liebe und kein Glaube an Ihn mehr da ist; ferner wenn keine Liebtätigkeit gegen den Nächsten und folglich, wenn kein Glaube des Guten und Wahren. Wenn es so aussieht in der Kirche oder vielmehr in der Gegend, wo das Wort ist, nämlich in den Gedanken des Herzens, obgleich nicht in der Lehre des Mundes, dann ist die Verödung da, und das, was gesagt worden, ist deren Greuel. „Wenn ihr sehet den Greuel der Verödung“, heißt daher: wenn jemand solches bemerkt; was dann zu tun sei, folgt Vers 16 bis 18. „Gesagt von Daniel, dem Propheten“ bedeutet im inneren Sinn von den Propheten; denn wo ein Prophet mit seinem Namen im Wort genannt wird, ist es nicht der Prophet, der gemeint wird, sondern das prophetische Wort selbst, weil die Namen überhaupt nicht in den Himmel eindringen: Nr. 1876, 1888; doch wird durch den einen Propheten nicht das gleiche bezeichnet, was durch einen anderen: was durch Mose, Elias und Elisa, sehe man in der Vorrede zum 18. Kapitel und Nr. 2762; durch Daniel aber wird bezeichnet alle Weissagung von der Zukunft des Herrn und vom Zustand der Kirche, hier von ihrem letzten Zustand.
Von der Verwüstung ist viel die Rede bei den Propheten, und durch dieselbe wird dort im Buchstabensinn bezeichnet die Verwüstung der jüdischen und israelitischen Kirche, aber im inneren Sinn die Verwüstung der Kirche im allgemeinen, so auch die Verwüstung, die jetzt vorhanden ist.
„Stehend an heiliger Stätte“ bedeutet die Verwüstung in Ansehung alles dessen, was zum Guten und Wahren gehört. Heilige Stätte ist der Zustand der Liebe und des Glaubens. Daß der Ort ist Zustand im inneren Sinn, sehe man Nr. 2625, 2837, 3356, 3387; das Heilige jenes Zustandes ist das Gute, das Sache der Liebe ist, und daher das Wahre, das Sache des Glaubens. Nichts anderes wird verstanden unter dem Heiligen im Wort, weil jenes vom Herrn stammt, der das Heilige oder das Heiligtum selbst ist.
„Wer es liest, merke auf“ bedeutet, daß dieses von denjenigen wohl zu beachten sei, die in der Kirche sind, hauptsächlich von denjenigen, die in der Liebe und im Glauben stehen, von denen jetzt die Rede ist.
„Dann, die in Judäa, sollen fliehen auf die Berge“ bedeutet, die Angehörigen der Kirche sollen nicht anderswohin sehen als auf den Herrn, somit auf die Liebe zu Ihm und auf die Liebtätigkeit gegen den Nächsten. Daß durch Judäa bezeichnet wird die Kirche, wird unten gezeigt werden, daß durch den Berg der Herr selbst, hingegen durch die Berge die Liebe zu Ihm und die Liebtätigkeit gegen den Nächsten, sehe man Nr. 795, 796, 1430, 2722. Nach dem Buchstabensinn würde es heißen, daß, wenn Jerusalem, wie geschehen, von den Römern belagert würde, sie alsdann nicht dahin sich begeben sollen, sondern auf die Berge, nach den Worten bei Lukas 21:20, 21: „Wenn ihr sehet umgeben von Heeren Jerusalem, dann wisset, daß nahe ist die Verwüstung; dann sollen die in Judäa fliehen auf die Berge, und die mitten darinnen, sollen hinausgehen, die aber in den Umgegenden, sollen nicht hineingehen“.
Aber bei Jerusalem verhält es sich dort ebenso, daß nämlich im Buchstabensinn Jerusalem es ist, das verstanden wird, aber im inneren Sinn die Kirche des Herrn; man sehe Nr. 402, 2117. Denn alles und jedes, was im Wort vom judäischen und israelitischen Volk erwähnt wird, bezieht sich vorbildlich auf das Reich des Herrn in den Himmeln und auf das Reich des Herrn auf Erden, d.h. auf die Kirche, wie öfters gezeigt wurde; daher kommt es, daß unter Jerusalem im inneren Sinn nirgends Jerusalem verstanden wird, unter Judäa auch nicht Judäa, sondern sie waren solcherart, daß durch sie himmlische und geistige Dinge des Reiches des Herrn vorgebildet werden konnten. Und damit sie vorbilden möchten, sind sie auch so geworden. So konnte das Wort geschrieben werden, das geeignet sein sollte für die Fassungskraft des Menschen, der es lesen würde und für das Verständnis der Engel, die beim Menschen sind. Dies war auch der Grund, warum der Herr eben so geredet hat; denn sonst wäre es nicht angepaßt gewesen der Fassungskraft der Leser, hauptsächlich der damaligen Zeit, und nicht zugleich dem Verständnis der Engel, somit nicht aufgenommen worden vom Menschen und nicht verstanden von den Engeln.
„Wer auf dem Dach des Hauses, soll nicht hinabsteigen, aufzuheben etwas aus seinem Hause“ bedeutet, die im Guten der Lieb
tätigkeit sind, sollen sich nicht davon wenden zu dem, was sich auf die Glaubenslehren bezieht. Das Dach des Hauses bezeichnet im Wort den höheren Zustand des Menschen, somit seinen Zustand in Ansehung des Guten; was aber unten, bedeutet den niedrigeren Zustand des Menschen, somit den Zustand in Ansehung des Wahren. Was das Haus ist, sehe man Nr. 710, 1708, 2233, 2234, 3142, 3538. Mit dem Zustand des Menschen der Kirche verhält es sich so: wenn er wiedergeboren wird, so erlernt er das Wahre um des Guten willen; denn er hat eine Neigung zum Wahren um jenes willen. Hingegen nachdem er wiedergeboren ist, dann handelt er aus dem Wahren und Guten. Nachdem er zu diesem Zustand gelangt ist, darf er sich nicht zum früheren Zustand wenden, denn wenn er das täte, so würde er über das Gute, in dem er ist, aus dem Wahren vernünfteln und so seinen Zustand verkehren; denn alles Vernünfteln hört auf und muß aufhören, sobald der Mensch in dem Zustand ist, daß er das Wahre und Gute will; denn alsdann denkt und handelt er aus dem Willen, mithin aus dem Gewissen und nicht aus dem Verstand, wie zuvor. Wenn er es wieder aus diesem täte, so würde er in Versuchungen fallen, in denen er unterläge.
Dies ist es, was bezeichnet wird dadurch, daß „wer auf dem Dach des Hauses, nicht hinabsteigen soll, aufzuheben etwas aus seinem Hause.
„Und wer auf dem Feld, soll nicht wieder umkehren, zu holen sein Kleid“ oder den Rock, bedeutet, die im Guten des Wahren sollen sich auch nicht von dem Guten desselben wenden zur Lehre des Wahren. Feld bedeutet im Wort jenen Zustand des Menschen in Ansehung des Guten. Was Feld ist, sehe man Nr. 368, 2971, 3196, 3310, 3317, 3500, 3508; und Kleid oder Rock bedeutet dasjenige, was das Gute bekleidet, d.h. die Lehre des Wahren; denn diese ist für das Gute wie ein Kleid. Daß das Kleid dieses ist, sehe man Nr. 297, 1073, 2576, 3301. Jeder kann sehen, daß hier Tieferes verborgen liegt als im Buchstaben erscheint; denn der Herr selbst hat jenes gesprochen.