from the Writings of Emanuel Swedenborg

 

Himmel und Hölle #0

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 EMANUEL SWEDENBORG

HIMMEL und HÖLLE

Visionen & Auditionen

Aus dem Lateinischen von Dr. Friedemann Horn SWEDENBORG-VERLAG ZÜRICH

Titel des lateinischen Originals von 1758:

DE COELO ET EJUS MIRABILIBUS, ET DE INFERNO

EX AUDITIS ET VISIS

Auflage 2005

© 1992 by Swedenborg-Verlag Zürich Satz: Swedenborg-Verlag Zürich Druck und Bindung: CPI Books, Ebner & Spiegel Buch GmbH, Ulm.

Printed in Germany ISBN 3-85927-241-1

INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort des Übersetzers

I. DER HIMMEL

Vorbemerkungen des Verfassers

Der Herr ist der Gott des Himmels 2-6

Das Göttliche des Herrn bildet den Himmel 7-12

Dieses Göttliche ist die Liebe zu Ihm und zum Nächsten 13-19

Der Himmel besteht aus zwei Reichen 20-28

Es gibt drei Himmel. 29-40

Die Himmel bestehen aus unzähligen Gesellschaften 41-50

Jede Gesellschaft und jeder Einzelne ist ein kleinerer Himmel 51-58

Der Himmel im ganzen stellt einen einzigen Menschen dar 59-67

Jede Gesellschaft in den Himmeln stellt einen Menschen dar 68-72

Jeder Engel hat daher eine vollkommene menschliche Gestalt 73-77

All dies beruht auf dem Göttlich-Menschlichen des Herrn 78-86

Der Herr und sein Göttlich-Menschliches (Leitsätze aus den HG)

Die Entsprechung des Himmels mit dem Menschen 87-102

Die Entsprechung des Himmels mit den irdischen Dingen 103-115

Die Sonne im Himmel 116-125

Licht und Wärme im Himmel 126-140

Die vier Hauptrichtungen im Himmel 141-153

Zustandsveränderungen bei den Engeln im Himmel 154-161

Die Zeit im Himmel 162-169

Die Vorbildungen und Erscheinungen im Himmel 170-176

Die Gewänder der Engel

Wohnungen und Heimstätten der Engel

Der Raum im Himmel

Die Wirkung der Form des Himmels

Die Regierungen im Himmel

Vom Gottesdienst im Himmel

Die Macht der Engel

Die Sprache der Engel

Wie die Engel mit den Menschen reden

Himmlische Schriften

Die Weisheit der Engel

Der Zustand der Unschuld bei den Engeln

Der Zustand des Friedens im Himmel

Die Verbindung des Himmels mit dem Menschengeschlecht

Verbindung von Himmel und Mensch durch das Wort

Himmel und Hölle sind aus dem menschlichen Geschlecht

Heiden und andere Nichtchristen im Himmel

Die Kinder im Himmel

Weise und Einfältige im Himmel

Über die Wissenschaften (Leitsätze aus den HG)

Reiche und Arme im Himmel

Die Ehen im Himmel

Die Tätigkeiten der Engel im Himmel

Die himmlische Freude und Glückseligkeit

Die Unermeßlichkeit des Himmels

II. DIE GEISTERWELT

Was ist die Geisterwelt?

Jeder Mensch ist seinem Inneren nach ein Geist

Auferweckung von den Toten und Eintritt ins ewige Leben

Der Mensch hat nach dem Tod vollkommene Menschengestalt

Er hat dann alle Sinne, Gedächtnis, Denken und Neigungen

Der Mensch ist nach dem Tod so, wie sein Leben in der Welt war

Die Lebensfreuden verwandeln sich in ihre Entsprechungen

Erster Zustand des Menschen nach dem Tode

Zweiter Zustand des Menschen nach dem Tode

Dritter Zustand des Menschen nach dem Tode

Kein Einlaß in den Himmel durch unmittelbare Barmherzigkeit

Das zum Himmel führende Leben ist nicht so schwer

III. DIE HÖLLE

Der Herr regiert die Höllen

Der Geist selbst wirft sich in die Hölle

Die Höllischen sind aufgrund ihrer Selbst und Weltliebe im Bösen und in dem daraus entspringenden Falschen

Das höllische Feuer und Zähneknirschen

Bosheiten und verruchte Kunstgriffe der höllischen Geister

Äußere Erscheinung, Lage und Vielfalt der Höllen

Das Gleichgewicht zwischen Himmel und Hölle

Dieses Gleichgewicht erhält den Menschen in der Freiheit

Die Freiheit des Menschen (Leitsätze aus den HG)

Anmerkungen (Leitsätze aus den HG)

VORWORT DES ÜBERSETZERS

ZUR REVIDIERTEN AUFLAGE VON 1992

„Himmel und Hölle“ ist wahrscheinlich das populärste Werk des schwedischen Sehers. Im Jahre 1758 zu London in lateinischer Sprache veröffentlicht, hat es seither einige hundert Auflagen in den verschiedensten Sprachen erlebt. Schon Hyde’s „Bibliography of Swedenborg’s Works“ (Bibliographie der Werke Swedenborgs) vom Jahre 1906 erwähnt allein 95 verschiedene englische Ausgaben, dazu 1 arabische, 2 dänische, 2 holländische, 8 französische, 11 deutsche, 1 hindustanische, 1 italienische, 1 polnische, 1 russische, 6 schwedische, 1 walisische – nebst Dutzenden von Auszügen des Werkes in den genannten und weiteren Sprachen.

Da seit dieser Aufzählung 86 Jahre vergangen sind, kann man damit rechnen, daß die Anzahl der Auflagen in den verschiedenen Sprachen heute bei 200 liegt.

Was nun die deutschen Ausgaben des Werkes anbelangt, so ist die erste bereits 1774, also zwei Jahre nach Swedenborgs Tod, in Leipzig erschienen. Ihre Übersetzung war von keinem geringeren als dem berühmten „schwäbischen Vater“, nämlich Prälat Friedrich Christoph Oetinger veranlaßt, der als erster in deutschen Landen für eine vorurteilslose Prüfung Swedenborgs eingetreten und dafür von seinem Konsistorium recht übel behandelt worden war. Oetingers Übersetzung erlebte insgesamt 5 Auflagen, und es ist sicher, daß die großen Geister der deutschen Klassik und Romantik, sowie des Deutschen Idealismus ihre Swedenborg betreffenden Kenntnisse zumeist aus diesen und den anderen auf Oetinger zurückgehenden Swedenborg-Ausgaben bezogen haben. 1830 steuerte L. Hofaker eine weitere, freilich bei weitem weniger erfolgreiche Übersetzung des Werkes bei, bis endlich im Jahre 1854 die „klassische“, bis heute mindestens zehnmal nachgedruckte Übertragung des Tübinger Universitäts-Bibliothekars Prof. Immanuel Tafel erschien.

ZUR ÜBERSETZUNG

Was die Genauigkeit der Tafelschen Übersetzung angeht, so dürfte sie kaum zu übertreffen sein. Käme es allein darauf an, so hätte ein weiterer Nachdruck genügt. Aber 120 Jahre sind eine lange Zeit. Das Sprachgefühl hat sich wesentlich verändert. Tafels deutscher Stil, der sich so nahe als überhaupt möglich an Swedenborgs Latein hält, würde selbst bei gründlicher Revision dem heutigen Leser noch Mühe machen. Daher hatte die Verlagsleitung den Eindruck, daß – ähnlich wie bei dem Anfang der 60er Jahre neu herausgebrachten Werk „Die Wahre Christliche Religion“ – allein eine ganz neue Übertragung zweckdienlich wäre, eine Übertragung, die absolute Treue gegenüber dem Inhalt mit besserer Lesbarkeit verbindet.

Diesem obersten Grundsatz hatte sich alles andere unterzuordnen. Zunächst einmal galt es, die im Original oftmals schier endlosen „Schachtelsätze“ auseinanderzunehmen und den Zusammenhang der Ideen auf andere Weise, nämlich durch entsprechende Bindewörter oder auch durch Umstellungen durchsichtig zu machen. Das erforderte oftmals sehr langwierige Überlegungen, sollte auch nicht eine Schattierung dieser Zusammenhänge verloren gehen. Der Schachtelsatz ist ja an sich gerade für derart komplexe Ideen, wie sie Swedenborg vorbringt, das geeignetste Mittel der Darstellung. Nur wird man heutzutage kaum mehr mit der Bereitschaft der Leser rechnen dürfen, derartige Sätze zu lesen, zumal wenn sie massiert auftreten. Dies war die schwerste Hürde für den Übersetzer, der sich der Treue gegenüber dem Autor und der Rücksicht gegenüber dem Leser gleichermaßen verpflichtet fühlte.

Ferner galt es, für eine Reihe von lateinischen Wörtern andere deutsche Übersetzungen zu finden, vorweg für das fast auf jeder Seite vorkommende Wort charitas (= caritas). Tafel hat dafür von Oetinger die Wortbildung Liebtätigkeit übernommen, die sich jedoch im Deutschen in neuerer Zeit nirgends findet und die auch – von Ausnahmen abgesehen – nicht vollständig ausdrückt, was gemeint ist. Da bei uns das Wort Liebestätigkeit ein fest umrissener Begriff ist, der die praktische Ausübung von Nächstenliebe bezeichnet (man denke an das katholische Hilfswerk „Caritas“!), so können beim Lesen des Wortes Liebtätigkeit Irrtümer kaum ausbleiben. Swedenborg meint nämlich mit charitas fast durchwegs die der praktischen Ausübung zugrunde liegende wohlwollende Gesinnung, und diese ist nun einmal am allgemeinverständlichsten in dem gebräuchlichen Wort Nächstenliebe ausgedrückt. Deshalb habe ich charitas fast immer mit „Nächstenliebe“ wiedergegeben, ausnahmsweise auch mit „tätiger Liebe“.

Ein anderes Beispiel: Swedenborg spricht oft von der mit jeder Liebe oder Neigung – sie sei gut oder böse – verbundenen, besonderen Freude. „Omnia jucunda profluunt ex amore“. Man sieht, jucunda ist ein substantivisch gebrauchtes Adjektiv. Jucundus, -a, -um heißt eigentlich „förderlich“, und von daher „angenehm, erfreulich“. Eigentlich müßte man also den zitierten Satz und alle ähnlichen Stellen übersetzen: „Alles, was angenehm (erfreulich) ist, geht aus einer Liebe hervor“, oder auch: „Alle angenehmen (Dinge) gehen aus einer Liebe hervor.“ Tafel hat nun – mit Recht – übersetzt, als ob das Substantiv jucunditas dort stünde. Es ist nur nicht einzusehen, warum er dafür meist das in der neueren deutschen Literatur unbekannte Wort „Lustreiz“ verwendet. Das Wort ruft unwillkürlich Vorstellungen ungeistiger Art hervor. Ich habe mich im allgemeinen an Oetinger gehalten, der jucundus gewöhnlich mit „Freude“ übersetzt. Hin und wieder habe ich auch – mich enger an den eigentlichen Sinn des Wortes haltend – jucundus mit „das Angenehme“ oder mit „das, was angenehm ist“ wiedergegeben.

DIE IN KAUF ZU NEHMENDEN NACHTEILE

Der Nachteil, von Tafel in diesen und anderen Fällen abzuweichen, liegt auf der Hand: „Liebtätigkeit“ und „Lustreiz“ haben sich seit bald eineinhalb Jahrhunderten bei den Freunden Swedenborgs im deutschen Sprachbereich derart eingebürgert, daß sie diese Ausdrücke für „typisch neukirchlich“ und daher für unverzichtbar halten, obwohl das gar nicht zutrifft. Die Tatsache, daß die genannten Wörter außerhalb der deutschsprachigen Swedenborg-Literatur nicht begegnen, bestärkt sie noch in dieser Meinung.

Ich habe es mir reiflich überlegt, ob ich mit der von Tafel begründeten Tradition brechen sollte – auch aus einem weiteren, womöglich noch gewichtigeren Grunde:

Man hat des öfteren beklagt, daß Swedenborg bei seiner umwälzend neuen Formulierung der „Lehren des Herrn für Seine Neue Kirche“ nicht eine ebenso umwälzend neue Sprache benutzt hat, sich vielmehr fast ausnahmslos der von einer ganz anderen Theologie geprägten Ausdrucksweise bediente. Mißverständnisse konnten daher nicht ausbleiben, und vielleicht war sich Swedenborg – ohne es ändern zu können – auch darüber klar.

Möglicherweise haben wir hierin auch einen der wichtigsten Gründe dafür zu suchen, daß er in jedem neuen Kapitel seine von den herkömmlichen Begriffen so stark abweichenden, aber doch mit den herkömmlichen Fachausdrücken formulierten Anschauungen beharrlich – aber für manche Leser ermüdend – wiederholt. An einer Stelle seiner etwa 20000 Seiten umfassenden religiösen Werke sagt Swedenborg einmal sinngemäß: Um zu verhindern, daß man seine Werke irgendwo aufschlage und sich dann ein rasches und ungerechtes Urteil bilde, wiederhole er die Grundwahrheiten immer wieder – eben um zu zeigen, daß der von ihm benützte traditionelle theologische Wortschatz in seiner Sicht eine ganz neue Bedeutung erhält.

ALTE WÖRTER MIT NEUEM INHALT

Einige Beispiele zur Verdeutlichung: Herkömmlicherweise stellt man sich unter den „Engeln“ Wesen vor, die als solche von Gott erschaffen wurden und den „Himmel“ bevölkern. Ab und zu kommen sie zur Erde herab, um eine Botschaft von Gott auszurichten. Man stellt sie gewöhnlich mit Flügeln dar, einmal um verständlich zu machen, daß sie vom Himmel herab auf die Erde kommen können, zum anderen, um sie von den Menschen zu unterscheiden, die an die materielle Welt gebunden sind.

Seit Renaissance, Barock und Rokoko die Engel gern als „Putten“, d.h. als eine Art Mischung zwischen den antiken Eroten und christlichen Engeln darstellten, wurde es üblich, verniedlichend von den „Engelchen“ zu reden und sie als eine Art frommer Märchenfiguren in der Welt der kindlichen Psyche anzusiedeln. Rilkes Aussage in der 1. Duineser Elegie, „ein jeder Engel ist schrecklich“ (nämlich übermächtig) bezeichnet so etwas wie eine Wende in der langanhaltenden Abwertung der Engel im christlich-jüdischen Kulturkreis. Da Rilke von Swedenborgs „Himmel und Hölle“ so beeindruckt war, daß er es einst seinem mir bekannten Freunde, dem Maler RR Junghanns, schenkte, dürfen wir in dem zitierten Wort eine Einwirkung von Swedenborgs Engellehre vermuten.

Aber Swedenborg hat die Engel nicht nur als wirkliche und höchst wirkungsmächtige Wesen beschrieben, deren Verniedlichung geradezu kindisch erscheinen muß – damit hätte er im Grunde nichts Neues gesagt –, vielmehr hat er die Kühnheit besessen, ihre Herkunft und ihr Wesen völlig neu zu begründen: In Swedenborgs Schau sind Engel Menschen, d.h. sie sind auf unserem oder einem der zahllosen anderen Erdkörper im Weltall geboren und nach ihrem Tode für tauglich befunden worden, in den Himmel einzugehen. Swedenborg zufolge gibt es also keine als solche erschaffenen Engel.

Das zweite Beispiel: In der traditionellen Theologie ist der „Himmel“ ein Zustand „ewiger Seligkeit“, in dem die Engel samt allen „selig“ Verstorbenen Gott schauen, preisen und loben. Kein Wunder, daß viele Menschen wenig mit der „ewigen Seligkeit“ anzufangen wissen und den Teufel samt seiner Hölle im Grunde „interessanter“, zumindest anschaulicher, finden! Swedenborg bedient sich zwar derselben Ausdrücke – doch wie ganz anders ist, was er „aufgrund von Gehörtem und Gesehenem“ unter dem Himmel und der Hölle versteht! Leiden die herkömmlichen Schilderungen des Himmels, ganz im Gegensatz zu den höchst anschaulichen Darstellungen der Hölle und des Teufels, gewissermaßen an Blutleere, so ist es bei Swedenborg eher umgekehrt: bei ihm erscheint der Himmel im Grunde anschaulicher als die Hölle. In seiner Darstellung sind die Engel Menschen, die auf der Stufenleiter der Entfaltung des wahren Menschentums zum „Bilde Gottes“ ein gutes Stück weiter sind als wir, aber im Prinzip sind auch wir dazu bestimmt, Engel zu werden.

„Nutzwirkungen“ hoher und höchster Art verleihen dem Leben der Engel im Himmel Inhalt und Wert, geradeso wie die bescheideneren Nutzwirkungen, die wir verrichten, unser Leben lebenswert erscheinen und als Vorbereitung für den Himmel dienen lassen. Swedenborgs Engel plagt nicht jene gähnende Langeweile, die den traditionellen Himmel so wenig attraktiv macht. Oetinger hat einmal das himmlische Leben, wie es von Swedenborg geschildert wird, „die intensivere Seinsweise“ genannt.

Was die „Hölle“ betrifft, so ist sie herkömmlicherweise ein Zustand ewiger Qual, der „Teufel“ aber jenes bocksbeinige, geschwänzte Wesen, das uns, wenn wir auf Erden nicht zum Glauben hindurchgedrungen waren, „drüben“ in Ewigkeit im höllischen Feuer spießen, braten und sieden werde. Natürlich gibt es auch weniger primitive Vorstellungen. Swedenborg kennt keinen Teufel als eine Art Gegen-Gott, sondern versteht unter dem Teufel die Hölle im Inbegriff. Des weiteren ist in seinen Augen die Hölle „der Himmel für die Bösen“. Gott verdammt niemanden zur Hölle, aber wer sein irdisches Leben dazu mißbraucht hat, das Böse zu bevorzugen, der stürzt sich nach dem Tode selber in die Hölle, weil er es im Himmel gar nicht aushielte. Die Qualen, die nun einmal zur Hölle gehören, sind das Ergebnis jener Liebe zum Bösen, die das unveränderliche Grundwesen ihrer Bewohner darstellt. Da es deren größte Freude (hier wäre Tafels „Lustreiz“ eher angebracht!) ist, ihren Mitgeschöpfen Schaden und Leid zuzufügen, kann es nicht ausbleiben, daß dasselbe auch ihnen geschieht. Dieses Gesetz der „Wiedervergeltung“ ist universal, es gilt auch im Himmel, nur ist es dort nicht die Selbstund Weltliebe, sondern die Liebe zum Herrn und zum Nächsten, die alle beseelt.

Wir könnten Beispiel auf Beispiel häufen, um zu zeigen, daß Swedenborg den übernommenen theologischen Begriffen einen derart neuen Inhalt gegeben hat, daß – zumindest in vielen Fällen – die Verwendung einer neuen Ausdrucksweise angebracht gewesen wäre. Es kann jedoch nicht die Aufgabe des Übersetzers sein, diesem Mangel abzuhelfen.

ZUM INHALT

Der Leser dieses Buches sollte sich von vorneherein über drei Dinge klar sein:

1. Es ist wichtiger denn je, sich mit dem zu beschäftigen, was mit unserem unvermeidlichen Tode auf uns zukommt. Die Weigerung vieler heutiger Theologen, das Thema auch nur anzuschneiden, beruht auf einem verhängnisvollen Mißverständnis – oft genug übrigens auch auf mangelndem Glauben. „Vor einigen Jahren schrieb ein Theologe: «Der Tod ist kein Thema mehr für uns». Das war töricht. Und wie töricht es war, zeigt die Fülle von Literatur, die inzwischen zum ‹Thema Tod› erschienen ist“ (Theo Schaller, pfälz. Kirchenpräsident i. R., 1975). Die Gründe für die Verdrängung des Todes und aller damit zusammenhängenden Fragen aus dem Denken vieler heutiger Theologen sind komplex und können hier leider nicht besprochen werden. Sicher ist aber, daß der bedeutende Seelenforscher C. G. Jung weiß, was er sagt, wenn er schreibt: „Der Mensch sollte einen Mythus vom Tode haben, denn die ‹Vernunft› zeigt ihm nichts als die dunkle Grube, in die er fährt. Der Mythus aber könnte ihm andere Bilder vor Augen führen, hilfreiche und bereichernde Bilder des Lebens im Totenland“ („Erinnerungen etc.“, S. 308).

2. Swedenborg war ein Seher, kein Spiritist, d.h. ihm wurde gegeben, während der Spiritist von sich aus in die Geheimnisse hinter dem „Vorhang“ einzudringen trachtet. Das ist ein grundlegender Unterschied. Wie sehr sich Swedenborg des Offenbarungscharakters seiner Schau bewußt war, zeigt nicht zuletzt auch die Tatsache, daß er sich soweit als nur irgend möglich auf die biblische Offenbarung abstützt. Seine Grundthesen sind samt und sonders biblisch fundiert.

3. Swedenborg blieb sich auch bewußt, daß die Erscheinungen der geistigen Welt nicht beschrieben werden können, wie sie an sich sind, sondern nur durch entsprechende Bilder aus dem irdischen Erfahrungsbereich des Menschen. Es ist wichtig, dies bei der Lektüre stets vor Augen zu haben, dann vergißt man nicht, daß Swedenborg Geistiges bildhaft darstellt, und man wird vermeiden, daß einem die geschilderten Einzelheiten den Blick für die allein wichtigen Gesetzmäßigkeiten des uns alle erwartenden nachtodlichen Daseins verschleiern. Was Swedenborg über den „Zustand des Friedens im Himmel“ schreibt, gilt im Grunde für seine ganze Darstellung des Lebens im Himmel und in der Hölle:

„Wer den Frieden des Himmels nicht selbst erlebt hat, kann den Frieden nicht begreifen, in dem sich die Engel befinden. Solange der Mensch im Körper lebt, kann er diesen Frieden auch gar nicht in sich aufnehmen und begreifen, weil die Erkenntnis des Menschen dem Natürlichen verhaftet ist. Wer ihn begreifen will, muß so beschaffen sein, daß sein Denken erhoben und er vom Körper weggeführt, in den Geist versetzt werden und dann bei den Engeln sein kann. Da ich nun auf diese Weise den Frieden des Himmels empfunden habe, kann ich ihn auch beschreiben – freilich nicht wie er an sich ist, denn menschliche Worte reichen dazu nicht aus –, sondern nur durch den Vergleich mit der Seelenruhe derer, von denen es heißt, daß sie in Gott vergnügt seien.“ (Nr. 284).

Wer das Buch des „gewürdigten Sehers unserer Zeiten“ (Goethe) unter den genannten Voraussetzungen liest, wird ohne Zweifel reichen Gewinn davon tragen und über das, was ihn nach dem Tode erwartet, „im Bilde“ sein.

Großen Dank schulde ich meiner lieben Frau für ihre aufopfernde Mitarbeit, sowie Herrn Grob für das Lesen der letzten Korrektur der revidierten Auflage von 1992 und seine zahlreichen stilistischen Verbesserungsvorschläge, die der Lesbarkeit sehr zugute kommen. Friedemann Horn

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Arcana Coelestia #4809

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4809. Quando venerit Filius hominis in gloria Sua significat quando apparebit Divinum Verum in sua luce, quod fit unicuivis homini cum moritur; venit enim tunc in lucem caeli, in qua percipere potest quid verum et bonum, et inde qualis est;

‘Filius hominis’ in sensu Verbi interno est Dominus quoad Divinum Verum, ita est Divinum Verum quod a Domino; ‘gloria’ est intelligentia et sapientia quae inde, quae ut lux, et coram angelis ut splendor lucis, apparet; hic splendor lucis in qua sapientia et intelligentia ex Divino Vero quod a Domino, est qui in Verbo vocatur ‘gloria’; quod ‘Filius hominis’ sit in sensu interno Divinum Verum, videatur n. 2159, 2803, 2813, 3704.

[2] Et omnes sancti angeli cum Ipso significat caelum angelicum; . ‘sancti angeli’ 1 sunt vera quae a Divino Bono Domini, nam per ‘angelos’ in Verbo non intelliguntur angeli sed illa quae sunt a Domino: videatur n. 1925, 4085; angeli enim sunt vitae recipientes veri procedentis a Divino Bono 2 Domini, et quantum recipiunt, tantum sunt angeli; inde patet quod ‘angeli’ sint illa vera; hic quia agitur de statu cujusvis post mortem, ac de judicio cujusvis secundum vitam, dicitur quod ‘omnes sancti angeli erunt cum Ipso’,

et per id significatur quod per caelum judicium; omnis enim influxus Divini Veri fit per caelum; immediatus influxus a nemine recipi potest.

[3] Tunc sedebit super throno gloriae Ipsius significat judicium, ‘thronus’ enim praedicatur de regio Domini, ac regium Domini est Divinum Verum, n. 1728, 2015, 3009, 3670, et Divinum Verum est ex quo et secundum quod judicium.

[4] Et congregabuntur coram Ipso omnes gentes significat quod patebunt omnium bona et mala; per ‘gentes’ enim in Verbi sensu interno significantur bona, et in opposito sensu mala, 3 n. 1259, 1260

1416, 2588 f, 4574; ita quod bona et mala apparebunt in luce Divina hoc est, in luce a Divino Vero, significatur per quod ‘congregabuntur coram Ipso omnes gentes’.

[5] Et separabit eos ab invicem, sicut pastor separat oves ab hircis significat separationem boni a malo; ‘oves’ enim sunt qui in bono, et ‘hirci’ qui in malo; ‘oves’ proprie dicuntur qui in charitate et inde in fide, ‘hirci’ 4 qui in fide et non in charitate de his et illis hic agitur; quod ‘oves’ sint qui in charitate et inde in fide, videatur n. 2088, 4169; et quod ‘hirci’ qui in fide et non in charitate, n. 4769.

[6] Et statuet quidem oves a dextris Suis, et hircos a sinistris significat separationem secundum vera ex bono et secundum falsa ex malo; qui in veris ex bono sunt, etiam actualiter apparent in altera vita ad dextrum, et qui in falsis a malo ad sinistrum; inde statui a dextris et a sinistris, est ordinari secundum vitam.

V:

1. The Manuscript inserts in sensu interno.

2. The Manuscript deletes it.

3. The Manuscript inserts videatur.

4. autem

  
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This is the Third Latin Edition, published by the Swedenborg Society, in London, between 1949 and 1973.

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Arcana Coelestia #4769

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4769. ‘Et mactarunt hircum caprarum’: quod significet vera externa ex jucundis, constat ex significatione ‘hirci caprarum’ in Verbo quod sint vera naturalia, hoc est, vera externi hominis ex quibus jucunda vitae, tum quoque quod sint vera externa ex jucundis, de qua sequitur; vera externi hominis ex quibus jucunda vitae, sunt vera Divina qualia sunt sensus litteralis Verbi, ex quibus doctrinalia genuinae Ecclesiae; haec proprie significantur per ‘hircum’, jucunda 1 quae inde sunt, significantur per ‘capras’; ita per hircum caprarum in genuino sensu, illi qui in talibus veris et inde jucundis sunt; in sensu autem opposito per ‘hircum caprarum’ significantur illi qui sunt in veris externis, hoc est, in apparentiis veri ex sensu litterae 2 quae jucundis vitae eorum conveniunt, sicut quae jucundis corporis, quae in genere voluptates vocantur, et quae jucundis animi, quae in genere sunt honores et lucra; tales per ‘hircum caprarum’ in sensu opposito significantur; verbo, per ‘hircum caprarum’ in hoc sensu significantur qui in fide separata a charitate sunt, nam hi non alia 3 vera ex Verbo desumunt quam quae cum jucundis vitae eorum concordant, hoc est, quae favent amoribus sui et mundi; cetera vera illuc per interpretationes deducunt, et inde falsitates sistunt sicut apparentias veri.

[2] Quod ‘hircus caprarum’ 4 significet illos qui in fide separata sunt, constare potest apud Danielem,

Ecce hircus caprarum venit ab occidente super facies omnis terrae, et non attingens terram, et huic hirco cornu aspectus inter oculos illius; ... ex uno de quatuor cornibus exivit cornu unum de exiguo, et crevit valde versus meridiem et versus ortum, et versus decus; quin 5 crevit usque ad exercitum caelorum, et dejecit in terram de exercitu, et de stellis, et conculcavit ea 6 :... et projecit veritatem in terram, 8:5, 9, 10, 12; agitur ibi de statu Ecclesiae in genere, non solum de statu Ecclesiae Judaicae sed etiam de statu Ecclesiae sequentis quae est Ecclesia Christiana, nam Verbum Domini est universale; ‘hircus caprarum’ respective ad Ecclesiam Judaicam significat illos qui vera interna nihili fecerunt, sed externa acceptabant quatenus favebant amoribus eorum, qui erant ut maximi et opulentissimi essent; inde Christum seu Messiam quem exspectabant, non aliter agnoscebant quam sicut regem qui eveheret illos supra omnes gentes et populos in universo terrarum orbe, et hos subjiceret illis sicut vilissimos servos, inde deduxerunt amorem in Illum; quid amor erga proximum, prorsus non sciebant, modo quod esset conjunctio per honoris supradicti participationem et per lucrum;

[3] ‘hircus autem caprarum’ respective ad Ecclesiam Christianam, significat illos qui in veris externis ex jucundis sunt, hoc est, qui in fide separata, nam hi quoque nihil interna curant, sique illa docent, est solum ut inde aucupent famam, ut ad honores evehantur et ad lucra perveniant, haec sunt jucunda quae in corde eorum quando vera sunt in ore; et praeterea illa quae genuinae fidei sunt per sinistras interpretationes trahunt ad favorem ‘suorum amorum’; inde patet quid in sensu interno per illa verba apud Danielem significatur, nempe per ‘hircum caprarum’ illi qui in fide separata; quod ‘hircus venerit ab occidente’ est quod a malo; quod occidens sit malum, videatur n. 3708; quod ‘venerit super facies omnis terrae, non attingens terram’ est quod super totam Ecclesiam; per ‘terram’ in Verbo non aliud intelligitur quam terra ubi Ecclesia, ita Ecclesia,

7 n. 566, 662, 1067, 1262, 1413, 1607, 1733, 1850, 2117, 2118 f,

2928, 3355, 4435, 4447; ‘cornua quae ei’, sunt potentiae ex falso, n. 2832; ‘cornu aspectus inter oculos’ est potentia ex ratiocinatione de veris fidei, quod constare potest ab illis quae de oculo 8 n. 4403-4421, 9 n. 4523-4534 ostensa sunt; ‘unum cornu quod crevit versus meridiem, ortum, et decus’ est potentia ex fide separata 10 usque versus illa quae sunt status lucis caeli, status boni et veri; quod ‘meridies’ sit status lucis, videatur n. 3708, quod ‘ortus seu oriens’ sit status boni, n. 1250, 3249, 3708, quod ‘decus’ sit status veri, ex Verbo passim constat 11 ; quod ‘crevit usque ad exercitum caelorum, et dejecit in terram de exercitu, et de stellis, et conculcavit 12 illa’ est quod cognitiones boni et veri; quod ‘exercitus caelorum et stellae’ sint cognitiones boni et veri, n. 4697; inde scitur quid sit quod ‘projecerit veritatem in terram’, quod nempe ipsam fidem quae in se est charitas, nam fides spectat 13 charitatem quia procedit a 14 charitate; quod in Antiqua Ecclesia vocatum est veritas, hoc in nova vocatur fides, n. 4690.

[4] Similiter hircus apud Ezechielem,

Ecce Ego judicans inter pecudem et pecudem, inter arietes et inter hircos: num parum vobis, pascuum bonum depascitis, et reliquum pascuorum vestrorum conculcatis pedibus vestris?

sedimentum aquarum bibitis, reliquas pedibus vestris turbatis?... Cornibus vestris feritis omnes infirmas, donec disperseritis eas foras, 34:17, 18, 21; ibi etiam per ‘hircos’ significantur illi qui in fide separata, hoc est, qui praeponunt doctrinam vitae, et tandem vitam non curant, cum tamen vita facit hominem non doctrina separata, et vita manet post mortem, non autem doctrina nisi quantum illa ex vita trahit; de illis dicitur quod pascuum bonum depascant, et reliquum pascuorum conculcent pedibus, ac quod sedimentum aquarum bibant,

et reliquas pedibus turbent, tum quod ‘cornibus feriant infirmas, donec disperserint illas’.

[5] Ex his nunc patet quinam sunt qui per ‘hircos’ et quinam per ‘oves’ intelliguntur, de quibus Dominus apud Matthaeum, Congregabuntur coram Ipso omnes gentes, et separabit eas ab invicem, sicut pastor separat oves ab hircis; et statuet oves a dextris [suis], hircos vero a sinistris, etc. , 25:32,

33; quod ‘oves’ sint illi qui in charitate sunt et inde in veris fidei, et quod hirci qui in nulla charitate tametsi in veris fidei, hoc est, qui in fide separata, a singulis ibi liquet; describuntur ibi illi.

[6] Quinam 15 sunt et quales 16 qui in fide separata, et per ‘hircos’ intelliguntur, constare potest ab his binis locis;

apud Matthaeum, Omnis arbor quae non facit fructum bonum, exscindetur, et in ignem conjicietur; quare ex fructibus eorum cognoscetis eos: non omnis dicens Mihi, Domine, Domine, intrabit in regnum caelorum, sed faciens voluntatem Patris Mei Qui in caelis est: multi dicent Mihi in die illa, Domine, Domine, nonne per nomen Tuum prophetavimus, et per nomen Tuum daemonia ejecimus, et in nomine Tuo virtutes multas fecimus? sed tunc confitebor illis, Non novi vos, discedite a Me Operarii iniquitatis 17 , vii

19-23:

et apud Lucam, Tunc incipietis foris stare, et pulsare januam, dicentes, Domine, Domine, aperi nobis; sed respondens dicet vobis, Non novi vos unde sitis; tunc incipietis dicere, Edimus coram Te, et bibimus, et in plateis nostris docuisti; sed dicet, Dico vobis, non novi vos unde sitis, discedite a Me omnes operarii iniquitatis, 13:25-27;

hi sunt qui in fide separata, et ‘hirci’ vocantur. Quid autem ‘hirci’ in bono sensu significant, sicut qui in sacrificiis adhibebantur, ac apud Prophetas passim nominantur, alibi 18 , ex Divina Domini Misericordia, dicetur.

V:

1. vitae

2. The Manuscript inserts Verbi, sed.

3. The following two (or in some cases more) words are transposed in the Manuscript.

4. The Manuscript inserts in sensu Verbi interno.

5. quia, in the First Latin Edition

6. eos

7. The Manuscript inserts videatur.

8. hoc sit, videatur

9. The Manuscript inserts et.

10. illa

11. pluries patet

12. The manuscript has ea.

13. vera fidei spectant

14. vera fidei procedunt ex

15. etiam alibi a Domino, ut sciatur quinam

16. The Manuscript inserts sunt.

17. The Manuscript reads operantes iniquitatem, which matches the Greek.

18. See Arcana Coelestia 9670, 9937 and 1

  
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This is the Third Latin Edition, published by the Swedenborg Society, in London, between 1949 and 1973.