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Johannes 1

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1 Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.

2 Dieses (O. Er) war im Anfang bei Gott.

3 Alles ward durch dasselbe, (O. ihn) und ohne dasselbe (O. ihn) ward auch nicht eines, das geworden ist.

4 In ihm war Leben, und das Leben war das Licht der Menschen.

5 Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfaßt.

6 Da war ein Mensch, von Gott gesandt, sein Name Johannes.

7 Dieser kam zum Zeugnis, auf daß er zeugte von dem Lichte, damit alle durch ihn glaubten.

8 Er war nicht das Licht, sondern auf daß er zeugte von dem Lichte.

9 Das war das wahrhaftige Licht, welches, in die Welt kommend, jeden Menschen erleuchtet. (d. h. sein Licht auf jeden Menschen scheinen läßt. And. üb.: welches jeden in die Welt kommenden Menschen erleuchtet)

10 Er war in der Welt, und die Welt ward durch ihn, und die Welt kannte ihn nicht.

11 Er kam in das Seinige, und die Seinigen (Eig. in das Eigene, und die Eigenen) nahmen ihn nicht an;

12 so viele ihn aber aufnahmen, denen gab er das echt, Kinder Gottes zu werden, denen, die an seinen Namen glauben,

13 welche nicht aus Geblüt, noch aus dem Willen des Fleisches, noch aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind.

14 Und das Wort ward Fleisch und wohnte (Eig. zeltete) unter uns (und wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater), voller Gnade und Wahrheit;

15 (Johannes zeugt von ihm und rief und sprach: Dieser war es, von dem ich sagte: Der nach mir Kommende ist mir vor, (W. vor geworden; so auch v 30) denn er war vor mir) (O. eher als ich)

16 denn aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, und zwar Gnade um Gnade.

17 Denn das Gesetz wurde durch Moses gegeben; die Gnade und die Wahrheit ist durch Jesum Christum geworden.

18 Niemand hat Gott jemals gesehen; der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat ihn kundgemacht.

19 Und dies ist das Zeugnis des Johannes, als die Juden aus Jerusalem Priester und Leviten sandten, damit sie ihn fragen sollten: Wer bist du?

20 Und er bekannte und leugnete nicht, und er bekannte: Ich bin nicht der Christus.

21 Und sie fragten ihn: Was denn? Bist du Elias? Und er sagt: Ich bin’s nicht. Bist du der Prophet? Und er antwortete: Nein.

22 Sie sprachen nun zu ihm: Wer bist du? auf daß wir Antwort geben denen, die uns gesandt haben; was sagst du von dir selbst?

23 Er sprach: Ich bin die "Stimme eines ufenden in der Wüste: Machet gerade den Weg des Herrn", (S. die Anm. zu Mat. 1,20) wie Jesaias, der Prophet, gesagt hat. (Jes. 40,3)

24 Und sie waren abgesandt von (W. aus (aus der Mitte der)) den Pharisäern.

25 Und sie fragten ihn und sprachen zu ihm: Was taufst du denn, wenn du nicht der Christus bist, noch Elias, noch der Prophet?

26 Johannes antwortete ihnen und sprach: Ich taufe mit (W. in) Wasser; mitten unter euch steht, den ihr nicht kennet,

27 der nach mir Kommende, dessen ich nicht würdig bin, ihm den iemen seiner Sandale zu lösen.

28 Dies geschah zu Bethanien, jenseit des Jordan, wo Johannes taufte.

29 Des folgenden Tages sieht er Jesum zu sich kommen und spricht: Siehe, das Lamm Gottes, welches die Sünde der Welt wegnimmt.

30 Dieser ist es, von dem ich sagte: Nach mir kommt ein Mann, der mir vor ist, denn er war vor mir. (O. eher als ich)

31 Und ich kannte ihn nicht; aber auf daß er Israel offenbar werden möchte, deswegen bin ich gekommen, mit (W. in) Wasser taufend.

32 Und Johannes zeugte und sprach: Ich schaute den Geist wie eine Taube aus dem Himmel herniederfahren, und er blieb auf ihm.

33 Und ich kannte ihn nicht; aber der mich gesandt hat, mit (W. in) Wasser zu taufen, der sprach zu mir: Auf welchen du sehen wirst den Geist herniederfahren und Auf ihm bleiben, dieser ist es, der mit (W. in) Heiligem Geiste tauft.

34 Und ich habe gesehen und habe bezeugt, daß dieser der Sohn Gottes ist.

35 Des folgenden Tages stand wiederum Johannes und zwei von seinen Jüngern,

36 und hinblickend auf Jesum, der da wandelte, spricht er: Siehe, das Lamm Gottes!

37 Und es hörten ihn die zwei Jünger reden und folgten Jesu nach.

38 Jesus aber wandte sich um und sah sie nachfolgen und spricht zu ihnen: Was suchet ihr? Sie aber sagten zu ihm: abbi (was verdolmetscht heißt: Lehrer), wo hältst du dich auf?

39 Er spricht zu ihnen: Kommet und sehet! (Nach and. Les.: und ihr werdet sehen) Sie kamen nun und sahen, wo er sich aufhielt, und blieben jenen Tag bei ihm. Es war um die zehnte Stunde.

40 Andreas, der Bruder des Simon Petrus, war einer von den zweien, die es von Johannes gehört hatten und ihm nachgefolgt waren.

41 Dieser findet zuerst seinen eigenen Bruder Simon und spricht zu ihm: Wir haben den Messias gefunden (was verdolmetscht ist: Christus). (O. Gesalbter)

42 Und er führte ihn zu Jesu. Jesus blickte ihn an und sprach: Du bist Simon, der Sohn Jonas’; du wirst Kephas heißen (was verdolmetscht wird: Stein). (Griech.: Petros (Petrus))

43 Des folgenden Tages wollte er aufbrechen nach Galiläa, und er findet Philippus; und Jesus spricht zu ihm: Folge mir nach.

44 Philippus aber war von Bethsaida, aus der Stadt des Andreas und Petrus.

45 Philippus findet den Nathanael und spricht zu ihm: Wir haben den gefunden, von welchem Moses in dem Gesetz geschrieben und die Propheten, Jesum, den Sohn des Joseph, den von Nazareth.

46 Und Nathanael sprach zu ihm: Kann aus Nazareth etwas Gutes kommen? (Eig. sein) Philippus spricht zu ihm: Komm und sieh!

47 Jesus sah den Nathanael zu sich kommen und spricht von ihm: Siehe, wahrhaftig ein Israelit, in welchem kein Trug ist.

48 Nathanael spricht zu ihm: Woher kennst du mich? Jesus antwortete und sprach zu ihm: Ehe Philippus dich rief, als du unter dem Feigenbaum warst, sah ich dich.

49 Nathanael antwortete und sprach zu ihm : abbi, du bist der Sohn Gottes, du bist der König Israels.

50 Jesus antwortete und sprach zu ihm: Weil ich dir sagte: Ich sah dich unter dem Feigenbaum, glaubst du? du wirst Größeres als dieses sehen.

51 Und er spricht zu ihm: Wahrlich, Wahrlich, ich sage euch: Von nun an werdet ihr den Himmel geöffnet sehen und die Engel Gottes auf- und niedersteigen auf den Sohn des Menschen.

From Swedenborg's Works

 

Wahre Christliche Religion #506

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506. Das vierte Erlebnis: In der geistigen Welt erschienen mir zwei Herden. Die eine bestand aus Ziegenböcken, die andere aus Schafen. Ich wunderte mich, wer sich dahinter verbergen möchte, wusste ich doch, dass die Tiere, die einem in der geistigen Welt erscheinen, nicht Tiere, sondern Entsprechungen der Neigungen und der daraus hervorgehenden Gedanken der dort Lebenden sind. So trat ich näher hinzu, und dabei verschwanden die Tiergestalten und statt ihrer erschienen Menschen. Offenkundig handelte es sich aber bei denen, die sich als Ziegenböcke zeigten, um Geister, die sich auf die Lehre von der Rechtfertigung durch den bloßen Glauben versteiften, während diejenigen, die ich als Schafherde sah, Geister waren, die in der Welt geglaubt hatten, Nächstenliebe und Glaube ebenso wie das Gute und Wahre seien eins.

Nun sprach ich zunächst mit denen, die unter dem Bild der Ziegenböcke erschienen waren und fragte sie: „Warum seid ihr hier in dieser Weise versammelt?“ Die meisten von ihnen gehörten zum geistlichen Stand und hatten sich des Rufes der Gelehrsamkeit erfreut, weil sie die Geheimnisse der Rechtfertigung durch den bloßen Glauben kannten. Sie antworteten, sie seien versammelt, um ein Kirchenkonzil abzuhalten, da ihnen zu Ohren gekommen sei, dass der Ausspruch des Paulus, Römer 3:28, „so halten wir denn dafür, dass der Mensch gerecht werde durch den Glauben, ohne die Werke des Gesetzes“ nicht recht verstanden werde, nämlich so, als ob Paulus hier unter dem Glauben nicht den Glauben der heutigen Kirche verstanden habe, der ein Glaube an drei göttliche Personen von Ewigkeit ist, sondern den Glauben an den Herrn, unseren Gott und Heiland Jesus Christus, und dass er unter den Werken des Gesetzes nicht die Werke der Zehn Gebote, sondern des Mosaischen Gesetzes verstanden habe, das für die Juden galt. Und nun werde ihnen der Vorwurf gemacht, aus ihrer falschen Auslegung jener wenigen Wörter seien die beiden ungeheuren Irrtümer hervorgegangen, wonach die genannte Paulusstelle sich auf den Glauben der heutigen Kirche und auf die Werke der Zehn Gebote beziehe. Paulus habe aber nicht diese darunter verstanden, sondern eben die Werke des Mosaischen Gesetzes, das für die Juden galt, dies gehe deutlich aus seinen Worten gegenüber Petrus hervor, dem er den Vorwurf der Judaisierung machte, dass er sich nämlich nach jüdischen Gesetzen richte, während er doch wusste, dass niemand durch die Werke des Gesetzes gerechtfertigt werde, sondern durch den Glauben Jesu Christi (Galater 2:14-16). Der Glaube Jesu Christi ist aber der Glaube an ihn und durch ihn (man lese darüber oben in Nr. 338 nach). Weil nun Paulus unter den Werken des Gesetzes die Werke des Mosaischen Gesetzes verstand, darum unterschied er zwischen dem Gesetz des Glaubens und dem Gesetz der Werke, zwischen Juden und Heiden bzw. Beschneidung und Vorhaut. Die Beschneidung bedeutet aber hier wie überall den Judaismus, und Paulus schließt auch jene Stelle mit den Worten: „Heben wir also durch den Glauben das Gesetz auf? Dies sei ferne! Vielmehr befestigen wir das Gesetz.“ All dies sagt er in einem und demselben Zusammenhang, Römer 3:27-31. Ebenso sagt er denn auch im vorhergehenden Kapitel: „Nicht die Hörer des Gesetzes werden von Gott gerechtfertigt werden, sondern die Täter des Gesetzes werden gerechtfertigt werden.“ (Römer 2:13), und ferner: „Gott wird einem jeden vergelten nach seinen Werken.“ (ebenda Römer 2:6), oder aber: „Wir alle müssen offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi, damit ein jeglicher empfange, was er durch den Leib getan hat, es sei gut oder böse.“ (2 Korinther 5:10) Ähnlich lauten viele andere Stellen in seinen Schriften, woraus hervorgeht, dass auch Paulus den Glauben ohne gute Werke verworfen hat, gerade so wie Jakobus in seinem Brief, Kapitel Jakobus 2:17-26.

Sie sagten: „Wir sind in unserer Meinung, dass Paulus die Werke des Mosaischen Gesetzes meinte, das für die Juden galt, noch weiter durch den Umstand bestärkt worden, dass bei Moses alle den Juden gegebenen Satzungen Gesetz, also Werke des Gesetzes genannt werden, was wir aus folgendem ersahen:

‚Dies ist das Gesetz der Speisopfer.‘ (3 Mose 6:14-23) ‚Dies ist das Gesetz des Brandopfers, des Speiseopfers, des Sünd- und Schuldopfers und des Füllopfers.‘ (ebenda 3 Mose 7:37) ‚Dies ist das Gesetz vom Vieh und Vogel.‘ (ebenda 3 Mose 11:46 ff.) ‚Dies ist das Gesetz für die, so ein Männliches oder ein Weibliches geboren hat.‘ (ebenda 3 Mose 12:7) ‚Dies ist das Gesetz vom Aussatz.‘ (ebenda 3 Mose 13:59; 14:2, 32, 54, 57) ‚Dies ist das Gesetz des mit dem Flusse Behafteten.‘ (ebenda 3 Mose 15:32) ‚Dies ist das Gesetz über die Eifersucht.‘ (4 Mose 5:29 f.) ‚Dies ist das Gesetz des Nasiräers.‘ (ebenda 4 Mose 6:13, 21) ‚Dies ist das Gesetz der Reinigung.‘ (ebenda 4 Mose 19:14) ‚Dies ist das Gesetz von der roten Kuh.‘ (ebenda 4 Mose 19:2) ‚Das Gesetz für den König.‘ (5 Mose 17:15-19) Tatsächlich heißt das ganze Buch des Mose das Buch des Gesetzes (5 Mose 31:9, 11 f. 26 sowie Lukas 2:22; 24:44; Johannes 1:46; 7:22 f.; Johannes 8:5)“ Dem fügten die Betreffenden noch bei, sie hätten bei Paulus gesehen, dass man nach dem Gesetz der Zehn Gebote leben müsse und dass das Gesetz durch Liebe erfüllt werde (Roemer 13:8-11), und ferner sage Paulus, „nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei, die größte unter ihnen aber ist die Liebe.“ (1 Korinther 13:13) – also nicht der Glaube.

Dies sei die Lehre, zu deren Besprechung sie zusammengerufen worden seien. Um sie nicht zu stören, entfernte ich mich. Von weitem erschienen sie mir aber wiederum wie Ziegenböcke, u. z. zuweilen als ob sie lägen und zuweilen als ob sie stünden. Von der Schafherde wandten sie sich jedoch ab. Liegend erschienen sie, solange sie sich berieten, stehend, sobald sie ihre Beschlüsse fassten. Als ich meinen Blick auf ihre Hörner heftete, sah ich zu meiner Verwunderung, dass sie bald nach vorn und in die Höhe gestreckt, bald rückwärts gebogen und zuletzt völlig zurück gebogen erschienen. Plötzlich aber wandten sie sich alle miteinander gegen die Schafherde, erschienen aber immer noch als Ziegenböcke. Deswegen näherte ich mich ihnen wiederum und fragte sie, wie es nun stünde. Darauf erklärten sie mir, sie hätten jetzt den Beschluss gefasst, der Glaube allein bringe das Gute der Nächstenliebe auf ähnliche Weise hervor wie der Baum seine Früchte. Bei diesen Worten donnerte es jedoch vernehmlich, und ein Blitz zuckte herab. Nun erschien alsbald ein Engel, der zwischen den beiden Herden stand und der Schafherde zurief: „Hört nicht auf sie, sie sind nicht von ihrem früheren Glauben abgegangen, wonach der bloße Glaube rechtfertige und selig mache, keineswegs aber die wirkliche Nächstenliebe; auch ist nicht der Glaube, sondern der Mensch der Baum. Ihr aber, tut Buße und blickt auf den Herrn, so werdet ihr den Glauben erlangen; denn vor der Buße hat der Glaube nichts Lebendiges in sich.“ Nun wollten sich die Ziegenböcke mit rückwärts gebogenen Hörnern an die Schafe heranmachen, aber der zwischen ihnen stehende Engel teilte die Schafe in zwei Herden und sprach zu denen auf seiner Linken: „Ihr könnt euch den Böcken anschließen, aber ich sage euch, dass der Wolf kommen und sie rauben wird, und euch mit ihnen!“

Nachdem die beiden Schafherden getrennt waren und die zur Linken die drohenden Worte des Engels gehört hatten, blickten sie einander an und sprachen: „Lasst uns mit unseren früheren Genossen reden!“ Und nun wandte sich die linke Herde an die rechte und sprach: „Warum habt ihr euch von unseren Hirten zurückgezogen? Sind nicht Glaube und Liebe ebenso eins wie Baum und Frucht? Der Baum setzt sich ja doch durch die Zweige in seine Früchte fort. Reißt etwas von dem Ast ab, wodurch der Baum fortgesetzt in die Frucht übergeht, wird dann nicht auch die Frucht zugrunde gehen und damit zugleich auch aller Same, aus dem ein neuer Baum entstehen könnte? Fragt doch einmal unsere Geistlichen, ob es so ist oder nicht.“ Dies taten sie denn auch, und die Geistlichen blickten die übrigen rings umher an, die ihnen ihrerseits zublinzelten, sie möchten doch sagen, dass jene recht gesprochen hätten. Darauf antworteten sie nun: „Ihr habt recht, was aber die Frage betrifft, ob der Glaube sich in gute Werke fortsetzt ebenso wie der Baum in seine Früchte, so sind uns da viele Geheimnisse bekannt, die zu verkünden hier nicht der Ort ist. In dem Band oder Faden des Glaubens und der Nächstenliebe gibt es mehrere Knoten, die allein wir Geistliche lösen können.“

Nun erhob sich einer von den Geistlichen unter den Schafen zur Rechten und sprach: „Euch haben sie geantwortet, dass ihr recht habt, ihren eigenen Leuten aber, dass dem nicht so sei; denn sie denken anders.“ „Wie denken sie denn?“, fragten nun jene, „denken sie nicht wie sie lehren?“ Da sagte der Geistliche: „O nein! Sie denken, dass alles Gute der Liebe, d. h. jedes gute Werk, das der Mensch um seiner Seligkeit oder seines ewigen Lebens willen vollbringt, nicht im geringsten gut sei, u.z. deshalb nicht, weil der Mensch durch das vollbrachte Werk sich selbst selig machen und damit die Gerechtigkeit und das Verdienst des einen und einzigen Heilandes an sich reißen wolle. Auch denken sie, dass es sich so mit jedem guten Werk verhalte, bei dem der Mensch ein Bewusstsein seines eigenen Willens hat. Daher behaupten sie, zwischen Glauben und Liebe gäbe es keinerlei Verbindung, ja der Glaube werde nicht einmal durch die Liebe bewahrt und erhalten.“

Nun aber sagten die von der linken Herde: „Was du da behauptest, ist gelogen. Predigen sie uns denn nicht deutlich die Nächstenliebe und ihre Werke, die sie Werke des Glaubens nennen?“ Jener aber erwiderte: „Ihr versteht ihre Predigten nicht; denn nur die anwesenden Geistlichen merken auf dergleichen Dinge und verstehen den Sinn. Sie denken bei ihren Predigten nur an die moralische Nächstenliebe und deren bürgerliches und politisches Gutes, das sie das Gute des Glaubens nennen, was jedoch durchaus nicht zutrifft, da es von einem Gottesleugner ebenso und in der gleichen Form getan werden kann. Daher sagen sie auch übereinstimmend, niemand werde durch irgendwelche Werke, sondern allein durch den Glauben selig. Aber lasst mich dies durch Vergleiche deutlich machen: Ein Apfelbaum bringt Äpfel hervor. Nun sagen sie, wenn der Mensch das Gute um seiner Seligkeit willen tue, etwa so wie dieser Baum den Apfel in stetigem Zusammenhang erzeugt, dann sei das Obst von innen her faul und voller Würmer. Der Weinstock, so sagen sie auch, bringe Trauben hervor, würde aber der Mensch etwas Geistig-Gutes hervorbringen, etwa wie der Weinstock seine Trauben, so wären es wilde Trauben.“

Hier fragten sie aber: „Welche Beschaffenheit schreiben sie denn dem Guten der Liebe bzw. den Werken zu, die des Glaubens Früchte sind?“ Darauf antwortete er: „Vielleicht befinden sie sich irgendwo unsichtbar in der Nähe des Glaubens, ohne jedoch mit ihm zusammenzuhängen. Sie sind wie der Schatten, der dem Menschen nachfolgt, wenn ihn die Sonne von vorne bescheint, den er aber nicht wahrnimmt, wenn er sich nicht umblickt. Ich könnte sogar sagen, dass die guten Werke bei ihnen den Pferdeschwänzen gleichen, die man heutzutage vielfach abschneidet, weil man sagt: Was sollen sie? Sie nützen nichts und werden leicht beschmutzt, solange sie am Pferde hängen!“ Als er dies hörte, sagte einer von der linken Schafherde unwillig: „Es muss doch aber irgendeine Verbindung zwischen ihnen bestehen, denn wie könnten sie sonst Werke des Glaubens heißen? Vielleicht wird das Gute der Liebe von Gott aus durch irgendeinen vermittelnden Einfluss in die freiwilligen Werke des Menschen hineingelegt, etwa durch eine Anregung, ein Anhauchen, eine Eingebung, einen Anreiz, eine Erregung des Willens, ein stilles Begreifen im Denken und eine darauf folgende Ermahnung, Zerknirschung, und folglich durch das Gewissen und einen daraus erfolgenden Antrieb, einen Gehorsam gegen die Zehn Gebote und das Wort Gottes wie bei einem Kind oder einem Weisen, oder durch irgendein anderes ähnliches Mittel. Denn wie könnten sie sonst Früchte des Glaubens heißen?“

Doch der Geistliche antwortete: „Nein, das ist bei ihnen nicht der Fall. Und wenn sie gleich sagen, die guten Werke würden durch derartige Mittel hervorgebracht, so drücken sie es doch in ihren Reden durch Wörter aus, aus denen hervorgeht, dass sie ihrer Meinung nach nicht aus dem Glauben stammen. Einige von ihnen lehren in der Tat solche Dinge, aber nur als Zeichen des Glaubens, keineswegs als etwas, was den Glauben mit der Liebe verbindet. Indessen haben doch einige eine Verbindung beider durch das Wort erdacht.“ Darauf fragte man den Priester: „Gibt es denn eine Verbindung dieser Art nicht?“ Er aber antwortete: „Doch, aber sie stellen sie sich nicht so vor, sondern meinen, sie komme durch das bloße Hören des Wortes zustande, da sie ja behaupten, alle Vernunft und alles Wollen von Seiten des Menschen sei unrein und gehe lediglich auf Verdienst aus, weil der Mensch in geistigen Belangen ebenso wenig verstehen, wollen, wirken und mitwirken könne wie ein Klotz.“

Einer von ihnen aber sprach, nachdem er diese Ansicht über das Verhältnis zwischen dem Menschen und allen Dingen des Glaubens und des Heils vernommen hatte: „Ich hörte einmal, wie jemand sagte: Ich habe einen Weinberg gepflanzt und will nun Wein trinken bis zur Berauschung. Da fragte ihn aber ein anderer: Wie willst du denn den Wein trinken, etwa aus deinem Becher, den du mit deiner rechten Hand hältst? Er aber sagte: Keineswegs, vielmehr werde ich ihn aus einem unsichtbaren Becher trinken, den ich mit einer unsichtbaren Hand halte. Da erwiderte der andere: Dann wirst du gewiss keinen Rausch bekommen!“ Derselbe Mann fuhr gleich darauf fort: „Hört mich doch! Ich sage euch, ihr müsst den Wein aus dem verstandenen Wort trinken. Wisst ihr denn nicht, dass der Herr selbst das Wort ist? Ist nicht das Wort aus dem Herrn hervorgegangen und ist nicht er selbst darin? Wenn ihr also aus dem Wort heraus Gutes tut, tut ihr es dann nicht aus dem Herrn heraus, aus seinem Mund und Willen? Blickt ihr dann auf den Herrn, so wird er euch auch führen und lehren, ihr aber werdet aus euch mit der Kraft des Herrn handeln. Welcher Mensch, der etwas auf Grund eines königlichen Befehls tut, dürfte sagen, er habe selbst auf Grund seines eigenen Willens den Befehl dazu gegeben?“ Darauf wandte er sich an die Geistlichen und sagte: „Verführt die Herde nicht, ihr Diener Gottes!“

Auf diese Worte trat der größte Teil der linken Herde zur rechten Herde über, und einige von den Geistlichen sagten nun: „Wir haben gehört, was wir früher nie gehört hatten. Wir sind die Hirten, wir wollen unsere Schafe nicht verlassen.“ Und nun traten auch sie zur rechten Herde über und sprachen: „Der Mann hat ein wahres Wort gesprochen. Welcher Mensch, der vom Wort, also im Geist des Herrn, nach den Anweisungen seines Mundes und Willens handelt, darf wohl sagen, er tue es aus sich? Oder welcher Mensch, der auf Grund eines königlichen Befehls, nach der Anweisung des königlichen Mundes und Willens handelt, möchte wohl sagen, er tue das aus sich? Nun sehen wir die göttliche Vorsehung, weshalb keine Verbindung zwischen dem Glauben und den Werken gefunden wurde, die von der Gemeinschaft der Kirche anerkannt worden wäre; sie konnte nicht gefunden werden, weil sie nicht möglich war, gab es doch keinen Glauben an den Herrn, der das Wort ist, somit gab es auch keinen Glauben aus dem Wort.“ Die übrigen Geistlichen hingegen, die bei der Herde der Ziegenböcke blieben, gingen hinweg, schwangen ihre Hüte und riefen: „Der bloße Glaube, der bloße Glaube, er soll dennoch leben!“

  
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